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Buchladen Eisenherz

 

Der Buchladen Eisenherz hat Geschichte.

Der Prinz Eisenherz Buchladen wurde vor 40 Jahren im Jahre 1978 aus der neuen Schwulenbewegung heraus als Kollektiv gegründet, um das Thema Homosexualität in der Literatur in seinen ganzen Facetten sichtbar zu machen und um die schwule Kulturlandschaft zu erweitern. Aus einem Szenetreff und Kristallisationspunkt schwuler politischer Aktivisten, Berliner Intelligenzia und  Literaturliebhaber, wurde schnell eine Fachbuchhandlung für Homosexualität.

Mitte der 80er Jahre zog man, weil die Regale in der Bülowstrasse nicht mehr ausreichten, um in die Bleibtreustrasse in Charlottenburg, dem damaligen buchhändlerischen Zentrum Westberlins.

Rund um den Savignyplatz gab es viele größere und kleine Buchhandlungen, darunter viele mit ausgesuchtem Spezialsortiment (wie z.B. Philosophie, romanische Sprachen, Frauenliteratur) die von der sogenannten „Berlin-Präsenz“ vieler großer Verlage mit direktem Sitz und Auslieferung in der BRD –Insel-Stadt und vielen Cafés in der direkten Nachbarschaft profitierten.

 

Der Prinz Eisenherz Buchladen wuchs also zu einem kleinen mittelständischen Unternehmen an, ohne seinen Charakter als schwuler Treffpunkt und sein Flair schwuler Bewegtheit zu verlieren. In dem charmanten Altbau begann sich die Literatur zu stapeln, Lesungen wurden abgehalten, Kontakte geknüpft, das (schwule) buchhändlerische Netzwerk wuchs über Stadt- und Landgrenzen hinaus und schon bald genoss Prinz Eisenherz einen internationalen Ruf als bestsortierte Fachbuchhandlung. In Deutschland, aber auch im europäischen Ausland und den USA begannen sich weitere schwule Buchläden zu gründen, die sich in einem losen Verbund zusammenschlossen. Das diente dem Zwecke des Informationsaustausches, aber auch, um gegenüber den Verlagen mit größerem Nachdruck auftreten zu können.

Dabei schaffte es das Kollektiv, den Spagat zwischen Anspruch und Unterhaltung zu meistern, ohne in das eine oder andere Extrem abzurutschen.  Sowohl der Bibliophile und literarisch Anspruchsvolle, sowohl der politisch oder historisch Interessierte- als auch der Freund von einfacher Kurzweil fanden und finden stets ihre Ecken und Regale.

Nicht selten war Prinz Eisenherz auch Anlaufpunkt für junge Schwule in den Startschuhen ihres Coming Outs. Die ungezwungene, aber gleichzeitig auch tranquile, Atmosphäre des Buchladens ermöglichte es wahrscheinlich nicht wenigen jungen Menschen, sich vorerst zumindest auf intellektueller Ebene dem Thema anzunähern.

Nach dem Mauerfall begann sich auch im buchhändlerischen Einzelhandel einiges zu verändern. Nach und nach verlor der Kiez um den Savignyplatz seine Attraktivität als buchhändlerisches Zentrum.

 

Mitte der 90er Jahre begann der Siegeszug des World Wide Web, der sich bis heute für den stationären Buchhandel als schwierige Veränderung darstellt. Gleichzeitig bemerkten auch andere Buchhandlungen und Kaufhäuser den Vorteil einer schwul/lesbischen Literaturecke in ihrem Sortiment. Wofür Prinz Eisenherz einst eingetreten ist und gekämpft hat, wurde nun zu einer nicht zu unterschätzenden Konkurrenz. Da sich in den 90er Jahren der Kiez rund um die Schöneberger Motzstrasse als traditioneller Homo-Kiez verfestigte, beschlossen die beiden Geschäftsinhaber den Umzug an den neuen Standort und passten das Sortiment an die neue, attraktive Umgebung an.

 

Da viele der Berliner Frauenbuchläden schliessen mussten, wurde das lesbische Sortiment um ein Vielfaches erweitert und auch personell wurde aus dem reinen Männerkollektiv ein schwul/lesbisches Kollegium. Im April 2004 zog der Buchladen in die Lietzenburger Strasse in Berlin Schöneberg. Um der neuen Nachbarschaft, aber auch den gesellschaftlichen Diskursen Rechnung zu tragen,  wurde aus dem schwulen Buchladen ein schwul/lesbischer Buchladen, was sich nicht nur im Sortiment deutlich niederschlug, sondern auch z. B. im neuen Logo oder im Namen, der auf „Eisenherz“ verkürzt wurde. Gleichzeitig begann man im Buchladen auch mit viel Engagement den eigenen Nachwuchs auszubilden. Im November 2013 musste der Buchladen erneut umziehen, der jetzige Standort befindet sich im Herzen des queeren Nollendorfkiezes in der Motzstraße.

Erneut wurde das Sortiment an die neue Umgebung und den Zeitgeschmack angepasst, und heute wendet sich der Buchladen, (in seinem Selbstverständnis nun ein queerer Buchladen) mit seinem Sortiment an Büchern (in verschiedenen Sprachen), Hörbüchern, Zeitschriften, Magazinen, E-Books, Postkarten, DVD’s und Kalendern an das interessierte Publikum.

 

Das Ladengeschäft wurde um einen Galerieraum ergänzt, in dem ausgesuchte Fotoausstellungen stattfinden. Die Existenz der Galerie dient zum einen dazu, die Verweildauer  der Kunden im Laden zu erhöhen, aber auch den kulturellen Rahmen zu erweitern und eine attraktive Kulisse für diverse Veranstaltungen zu schaffen. Die auch bisher schon regelmäßig stattfindenden Autorenlesungen und Diskussionen wurden intensiviert.

 

Zum Beispiel durch ein queeres Literarisches Quartett, bei dem lokale wie internationale, Kulturgrößen queere Literatur vorstellen und diskutieren. Damit wurde eine feste Größe im Kulturprogramm geschaffen, mit der so viele Interessierte angesprochen wurden, dass der Zugang beschränkt werden musste.

 

Auch mit anderen Einrichtungen und Organisationen steht der Prinz Eisenherz Buchladen in regen Austausch, so zum Beispiel mit dem Schwulen Museum*.

 

Nach wie vor ist queere Literatur identitätsstiftend und der Buchladen möchte dazu beitragen, diese Art von Literatur deutschlandweit zu verkaufen.

Der Buchladen war immer etwas mehr als ein herkömmlicher Buchladen. Er funktioniert als Anlaufpunkt für Informationen, als Ort, von dem Initiativen und neue Impulse für die queere Community ausgehen. So wurde hier der Teddy Award als Ergänzung zur Berlinale  in den damaligen Räumen aus der Taufe gehoben. Folgerichtig tragen wir dem Rechnung, indem wir den Buchladen zu einem schwul/lesbischen Kulturladen weiterentwickelt haben.

Unsere queere Filmabteilung ist inzwischen zu einem Bereich angewachsen, der an Umfang absolut seinesgleichen sucht.

Das stetig anwachsende Interesse an Gender- und Queertheorie wurde auch im neuen Laden berücksichtigt. Sowohl für Studierende dieser Fachgebiete als auch transgender- und transsexuell orientierten Menschen haben wir unser Sortiment ausgebaut.

Kurzum bleibt zu vermerken, dass sich trotz vieler Veränderungen einige Konstanten erhalten haben, die die Existenzberechtigung eines schwul/lesbisch/queeren Buchladens ausmachen: die Liebe zu Büchern und zur queeren Kultur, die Freude an der persönlichen Beratung und Empfehlung, die unbedingte Szenenähe und der Wunsch, einen Anziehungspunkt für Menschen jeglicher Ausrichtung jenseits der Normen einer heterosexuell geprägten Kulturlandschaft bieten zu können.

Wir sind stolz und glücklich, in diesem Jahr unser 40jähriges  Geschäftsjubiläum feiern zu können.

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